Einige wenige genossenschaftliche Zusammenschlüsse aus vorindustrieller Zeit bestehen noch bis heute. Drei Beispiele dafür werden im Folgenden kurz vorgestellt. Wer weitere Beispiele kennt, kann diese gerne nachstehend in den Kommentaren ergänzen…
Theelacht zu Norden
Die „Theelacht to Nörden“ gilt als älteste noch bestehende Genossenschaft in Europa. Ihr Gründungsmythos beruht auf der in der Nähe der ostfriesischen Stadt Norden stattgefundenen Normannenschlacht von 884. Zur dauerhaften Erinnerung an den bedeutenden Sieg über die Normannen wurde den Friesen aus Norden und einigen umliegenden Dörfern das Schlachtfeld in der Hilgenrieder Bucht zur dauerhaften gemeinschaftlichen Nutzung übergeben. Zur Verwaltung der Marschen, ihrer landwirtschaftlichen Nutzung aber auch zur Sicherung der notwendigen Eindeichung wurde die Theelacht gegründet. Das genaue Gründungsdatum ist unbekannt. Der älteste Beleg für die Existenz der Norder Theelacht – in dem der Gründungsmythos niedergeschrieben wurde – stammt aus dem Jahr 1585.
Weiterführende Informationen zur Theelacht
- Theelacht zu Norden (offizielle Webseite)
- Theelacht (wikipedia-Artikel)
- Festvortrag zur 1.100-Jahr-Feier der Theelacht zu Norden, 1984 (runne.net)
- [Buch] Rudolf Folkerts: „Die Theelacht zu Norden. Eine seit 1100 Jahren auf genossenschaftlicher Basis geführter Familienverband“ (amazon.de)
Leegemoorgesellschaft
Ebenfalls aus Norden stammt die Leegemoorgesellschaft. Sie wurde zur Bewirtschaftung von durch Eindeichung gewonnenen Weidelandes gegründet. Wie bei der Theelacht ist auch hier das genaue Gründungsdatum unbekannt. Der bislang älteste Existenznachweis findet sich in einer Urkunde des Grafen Edzard II. von Ostfriesland vom 23. April 1562. Heute wird der größte Teil des ursprünglichen Weidelandes durch das Gewerbegebiet Leegemoor genutzt.
Weiterführende Informationen zur Leegemoorgesellschaft
- Leegemoorgesellschaft (wikipedia-Beitrag)
- Up Leegmoors Wohlfahrt (Info-Seite zur Leegemoorgesellschaft)
- Akten der Leegemoorgesellschaft im Staatsarchiv Aurich (agrarkulturerbe.de)
Murgschifferschaft
Die Murgschifferschaft ist ein mindestens seit dem späten Mittelalter bestehender genossenschaftsähnlicher Zusammenschluss von Waldbesitzern im Murgtal (Nordschwarzwald). Die erste überlieferte Ordnung stammt aus dem Jahr 1488. Zweck der Murgschifferschaft war das gemeinsame Holzgeschäft. Dazu zählte neben der Waldwirtschaft und dem Betrieb von Sägemühlen insbesondere die schwierige Holzflößerei auf der Murg. Die damals bedeutendste Art des Holztransportes spiegelte sich dann auch im Namen der genossenschaftsähnlichen Vereinigung wider.
Durch die spätere Weiterentwicklung der Sägemühlen zu Holz- und Papierfabriken trug die Murgschifferschaft wesentlich zur Industrialisierung der Region bei. Zudem war sie an der „Murgthal-Eisenbahn-Gesellschaft“ beteiligt, durch deren Streckenausbau die Holzflößerei auf der Murg bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts verdrängt wurde.
Der Sitz der Vereinigung war ursprünglich in Gernsbach. Heute befindet er sich in Forbach. Größter Anteilseigner mit ca. 55.000 der insgesamt 100.000 „Waldrechte“ ist das Land Baden-Württemberg.
Weiterführende Informationen zur Murgschifferschaft
- Murgschifferschaft (wikipedia-Artikel)
- Murgtal und Murgschifferschaft (private Seite)
- Forstverwaltung Murgschifferschaft – Kontaktdaten (Gemeinde Forbach)
- [Buch] Max Scheifele: „Die Murgschifferschaft. Geschichte des Flosshandels, des Waldes und der Holzindustrie im Murgtal“ (amazon.de)