Der Bundesverband der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) feiert in diesem Jahr das 80. Jubiläum seiner kreditgenossenschaftlichen Sicherungseinrichtung. Ganz so klar ist die Gründungsgeschichte aber wohl nicht. Ein Blick in die historischen Quellen begründet einige Zweifel…
Am 14. Mai 1934 billigte offenbar der Gesamt- und Engere Ausschuss des Deutschen Genossenschaftsverbandes (DGV), in dem die Vorgänger der heutigen Volksbanken organisiert waren, die Richtlinien für eine Spar-Garantiegemeinschaft der gewerblichen Kreditgenossenschaften. Auf dieses Datum stützt sich heute der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken mit dem aktuell ausgerufenen 80. Jubiläum der Sicherungseinrichtung. Allerdings bleibt es fraglich, wie relevant diese Entscheidung in der Gründungsgeschichte der Sicherungseinrichtung tatsächlich war. Immerhin gab der damalige DGV-Anwalt Dr. Johann Lang auf dem im Dezember 1934 in Berlin abgehaltenen 70. Deutschen Genossenschaftstag unumwunden zu, dass man sich angesichts der unveränderten Rentabilitätsschwierigkeiten bei den Genossenschaften und noch ungeklärter steuerlicher Fragen entschlossen habe, „vorläufig (…) von einem Beschluss, die Garantiegemeinschaft allgemein für alle Genossenschaften einzuführen, abzusehen„. Stattdessen bat er die Regionalverbände, sich in ihrem Bereich weiterhin für die Gründung von Garantiegemeinschaften einzusetzen. Zum Schluss verlieh Dr. Lang dann seiner Hoffnung Ausdruck, dass „um dieses Fähnlein der Aufrechten (…) die Garantiegemeinschaft eines Tages durch Beschluss für den ganzen Deutschen Genossenschaftsverband herbeigeführt wird„.
Gründungsdatum mit Unsicherheiten
Erschwerend kommt zudem – zumindest für mich als Historiker – die Tatsache hinzu, dass ich bislang in den Archiven keine direkte, zeitnahe Quelle für diesen Ausschuss-Beschluss finden konnte. Sie wird meines Wissens nur durch eine Sekundärquelle belegt. Dabei handelt es sich konkret um eine Dissertation von Horst-Dieter Schultze-Kimmle über „Sicherungseinrichtungen gegen Einlegerverluste bei deutschen Kreditgenossenschaften“ aus dem Jahr 1974 (hier S. 83). Und da muss man auch zwei Einschränkungen machen: Zum einen nennt Schultze-Kimmle darin leider keinen nachvollziehbaren Nachweis für diesen Gründungsbeschluss vom Mai 1934. Zum anderen bezeichnet er die Billigung der Richtlinien auch nicht als Gründungsdatum. Stattdessen datiert er die Gründung auf den 25. Oktober 1937 (vgl. Schultze-Kimmle, S. 93).
Dem Gründungsdatum würde ich angesichts der mir bekannten Quellenbasis zustimmen. Demnach beschlossen die gewerblichen Kreditgenossenschaften auf ihrer Fachtagung im Rahmen des 72. Deutschen Genossenschaftstages am 24. bis 26. Oktober 1937 in Berlin einstimmig die Bildung eines Kreditgenossenschaftlichen Garantiefonds des Deutschen Genossenschaftsverbandes. Direkte Belege dafür finden sich sowohl im Verbandsmagazin des DGV („Blätter für Genossenschaftswesen“ vom 20. November 1937, S. 749) als auch im publizierten Verbandstags-Protokoll („Mitteilungen über den 72. Deutschen Genossenschaftstag des DGV in Berlin am 24. bis 26. Oktober 1937“, S. 14 sowie S. 106-112). Die ersten Beiträge für den kreditgenossenschaftlichen Garantiefonds gingen dann erstmals zum 30. Juni 1938 ein.
Noch nebenbei bemerkt: Die Gründung der kreditgenossenschaftlichen Sicherungseinrichtung wird übrigens vom Bundesverband der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken als eine Folge der Weltwirtschafts- und Bankenkrise in den 1930er Jahren bezeichnet. Aber das greift eigentlich angesichts der Vorgeschichte viel zu kurz. Stattdessen deutet einiges darauf hin, dass die Realisierung einer solchen Einrichtung nach einem DGV-Grundsatzbeschluss von 1929 durch die beiden Krisen eher verzögert wurde.
Weiterführende Artikel auf genossenschaftsgeschichte.info:
(Ende) genossenschaftsgeschichte.info/12.05.2014/mar