Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten brach 1933 auch für die deutschen Genossenschaften eine schwere Zeit an. Ideologisch passten sie nur schwer in das nationalsozialistische Ordnungskonzept – insbesondere das von ihnen hoch gehaltene Prinzip der Selbstverwaltung kollidierte mit dem neuen „Führerprinzip“. Insgesamt gesehen war die wirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaften jedoch zu groß, als dass man sie einfach hätte auflösen können. Von diesem Schicksal getroffen wurden lediglich die Konsumgenossenschaften.
In der Weimarer Republik hatten die Konsumgenossenschaften deutlich an Bedeutung gewonnen. Zwar nahm ihre Zahl zwischen 1919 und 1933 im Rahmen eines Konzentrationsprozesses deutlich von 2.313 auf 1.682 Genossenschaften ab. Doch gleichzeitig waren in dieser Zeit bis zu 40 Prozent aller Haushalte Mitglied in einem der Konsumvereine.
Die zunehmende Stärke der Konsumgenossenschaften führte zu heftigen Angriffen aus dem mittelständischen Handel. Dessen Ängste wurden wiederum von den Nationalsozialisten aufgegriffen. Ihnen waren das sozialdemokratische Fundament und auch die teilweisen kommunistischen Tendenzen in den Konsumgenossenschaften ein Dorn im Auge. So wurden die Vereine unter anderem im „Völkischen Beobachter“ vom 4. Juli 1931 als „marxistische Konsumvereine“, „politisch und kapitalistisch aufgezogene Pestbeulen“ sowie als „Vortrupp des Marxismus“ bezeichnet.
Zerschlagung der Konsumvereine
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden noch im gleichen Jahr der Zentralverband deutscher Konsumvereine sowie auch der inzwischen aus der christlichen Arbeiterbewegung entstandene Reichsverband deutscher Konsumvereine aufgelöst. Zudem mussten sich die einzelnen Konsumgenossenschaften in Verbrauchervereine umbenennen. Vor ihrer umgehenden Zerschlagung schreckten die Nationalsozialisten jedoch zunächst noch zurück, unter anderem wegen der Befürchtungen, dadurch ihre Akzeptanz innerhalb der Arbeiterschaft zu gefährden.
Im März 1937 stellte dann ein Bericht des Geheimen Staatspolizeiamtes fest, dass die Verbrauchergenossenschaften „auch heute noch als Hochburgen des Marxismus betrachtet werden“ müssten. Ein Jahr später, am 24. Mai 1938, verkündete Reichswirtschaftsminister Walther Funk seine Pläne, die Konsumvereine und die von ihnen betriebenen Gemeinschaftsunternehmen liquidieren zu wollen, da sie nicht den Grundsätzen der nationalsozialistischen Wirtschaftsführung entsprächen. Doch es vergingen noch knapp drei Jahre bis die Verbrauchervereine mittels der am 18. Februar 1941 erlassenen Verordnung zur Anpassung der verbrauchergenossenschaftlichen Einrichtungen an die kriegswirtschaftlichen Verhältnisse schließlich aufgelöst wurden. Ihre wirtschaftlichen Einrichtungen (Gemeinschaftsunternehmen, Warenzentralen) wurden in das neu geschaffene Gemeinschaftswerk der deutschen Arbeiterfront überführt.
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