In der genossenschaftlichen Geschichtsschreibung findet die Darlehns-Kasse in (Bad) Düben kaum Erwähnung. Dabei wurde hier schon ab 1849 – und damit vor den Vorschussvereinen im benachbarten Eilenburg und Delitzsch – das Prinzip der Selbsthilfe umgesetzt. Über die weitere Entwicklung der Darlehnskasse gibt es jedoch keine genauen Informationen.
Die Dübener Darlehns-Kasse wurde Anfang April 1849 mit 64 Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen. Noch in der zweiten Monathälfte nahm sie ihre Geschäftstätigkeit auf. Der Geschäftszweck der Darlehns-Kasse bestand darin, ihren Mitglieder durch kleine Vorschüsse über maximal drei Monate aus „augenblicklichen Geldverlegenheiten“ zu helfen. Das dafür notwendige Betriebskapital sollte aus monatlichen Mitgliedsbeiträgen von jeweils 5 Silbergroschen sowie aus den zu erwirtschaftenden Zinsüberschüssen gebildet werden. Um die Finanzierungslücke in der Anfangszeit zu überbrücken, wurden zeitweilig unverzinsliche „Aktien“ im Wert von je 1 Taler ausgegeben. Parallel zum Anwachsen des eigenen Reservefonds wurden diese Anteilsscheine bis Ende 1854 nach und nach wieder zurückgekauft.
Ein erster Aufruf zur Gründung einer Darlehnskasse in Düben an der Mulde (seit 1948 Bad Düben) findet sich im örtlichen „Wochenblatt“ vom 24. Februar 1849. Darin heißt es:
„Zu den in der Neuzeit errichteten Instituten gehören auch die Darlehns-Kassen; eine solche für unsere Stadt zu beschaffen, sollte Jeder, dem das Wohl seiner Mitbürger am Herzen liegt, nach Kräften fördern helfen. Wie oft sind weniger bemittelte Familien einiger Thaler wegen in großer Verlegenheit, und wie demütigend ist für sie die Herbeischaffung derselben; denn nachdem sie hier und dort abgewiesen worden sind, fallen sie durch vielfaches Pfand und hohe Zinsen dem gefühllosen Wucherer in die Hände. Diesem großen Übelstande wäre aber, wie schon gesagt, durch eine Darlehnskasse abzuhelfen, und die Errichtung einer solchen umso mehr von größter Notwendigkeit, da die jetzigen Zeitverhältnisse es immer schwieriger machen, in der Not einige Taler geliehen zu bekommen.“
(„Gemeinnütziges Wochenblatt für Düben und die Umgebung“, 24. Februar 1849)
Vorreiter bei der Selbsthilfe
Abgesehen von diesen zeitweise ausgegebenen „Aktien“ basierte somit die Dübener Darlehns-Kasse schon vor dem Vorschussverein von Hermann Schulze-Delitzsch und dem Eilenburger Darlehnskassen-Verein auf dem genossenschaftlichen Prinzip der Selbsthilfe. Lediglich die eigene Aufnahme fremder Gelder durch die Darlehnskasse gegen solidarische Haftung aller Mitglieder (wie wenig später in Eilenburg praktiziert) war offenbar in Düben nicht vorgesehen – und aufgrund der „überschaubareren Verhältnisse“ wahrscheinlich auch nicht nötig.
Über die weitere Entwicklung der Dübener Darlehns-Kasse liegen mir leider keine genauen Informationen vor. In den Statistiken des Allgemeiner Verband der auf Selbsthilfe beruhenden Deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Schulze-Delitzsch) wird zwar zumindest bis 1910 ein Dübener Vorschuss-Verein aufgeführt. Dieser soll demnach mal 1860, mal 1862, gegründet worden sein. Doch ob es sich dabei um eine unabhängige Neugründung oder womöglich nur um das Umwandlungsdatum von der Darlehnskasse in einen Vorschussverein handelt, ist unklar. Gleiches gilt für die Fragen, wie lange dieser Vorschussverein tatsächlich bestand und ob er am Ende in einer anderen Bankgenossenschaft aufgegangen ist, sich in eine Aktiengesellschaft gewandelt hat oder aufgelöst wurde.
(Heute gehört der Kurort – der sich seit 1948 Bad Düben nennen darf – im Übrigen wie auch Eilenburg zum Geschäftsgebiet der Delitzscher Volksbank.)