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Kulturerbe Genossenschaftsidee: Unesco-Urkunde überreicht

Bei einer kleinen Feierstunde in Berlin hat Staatsministerin Maria Böhmer die Unesco-Urkunde zur Auszeichnung der „Idee und Praxis der Organisation von gemeinsamen Interessen in Genossenschaften“ als Immaterielles Kulturerbe an die Deutsche Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft und die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft überreicht. Beide Gesellschaften waren maßgeblich an der Nominierung des deutschen Vorschlags beteiligt.

Genossenschaften auf dem Weg zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe

Deutschland nimmt 27 Traditionen und Wissensformen in sein neues bundesweites Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes auf. Darauf hat sich die Kultusministerkonferenz am 11. Dezember 2014 verständigt und damit die Empfehlungen eines unabhängigen Expertenkomitees bestätigt. Zu den lebendigen Traditionen, die die Kriterien erfüllten, zählen zum Beispiel das Chorsingen, die Morsetelegrafie, die Flößerei, die Orgelbautradition und eben auch die Genossenschaftsidee. Letztere wurde von den Experten auch als erste Nominierung für die internationale „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ bei der UNESCO ausgewählt.

Genossenschaften bald UNESCO-Weltkulturerbe?

Die in Deutschland zur Mitte des 19. Jahrhunderts begründete Genossenschaftsidee soll Immaterielles Kulturerbe der UNESCO werden. Einen entsprechenden Antrag haben die Deutsche Hermann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft und die Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft parallel in Sachsen und Rheinland-Pfalz gestellt. Durch die Initiative wollen die Gründerväter-Vereine die Idee schützen und zugleich als wirtschaftliches Modell wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Die regionale Fokussierung auf Deutschland als Ursprungsland der Genossenschaftsidee gibt jedoch Anlass für Kritik…

Die Genossenschaftsidee als Teil der NS-Ideologie?

Noch im März 1933 wurden von der NS-Propaganda wesentliche Prinzipien der Genossenschaften als „historisch überlebt“ bezeichnet. Doch auch wenn die Genossenschaften kaum in das wirtschaftspolitische Ordnungskonzept der Nationalsozialisten passten, war ihre wirtschaftliche Bedeutung insgesamt inzwischen zu groß, als dass man sie einfach hätte auflösen können (mal abgesehen von den Konsumgenossenschaften). Stattdessen wurde das Genossenschaftswesen – nach erfolgter Gleichschaltung – zu einer „urdeutschen“ Idee erklärt und Genossenschaftspioniere wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen zu Vordenkern der nationalsozialistischen Bewegung gemacht.