Archiv zum Stichwort: Genossenschaften

Genossenschaften in der Bonner Republik

Verstärkter Wettbewerb, der Trend zur Größe, mehr Mitglieder aber weniger Einzelgenossenschaften insgesamt, eine stärkere Betonung ökonomischer Aspekte, Professionalisierung der Mitarbeiter, Kontroversen über eine Abkehr von der ursprünglichen Genossenschaftsidee – bei der Entwicklung der Genossenschaften Westdeutschland und Westberlin lassen sich bis 1989 einige allgemeine Trends erkennen.

Die Genossenschaftsidee als Teil der NS-Ideologie?

Noch im März 1933 wurden von der NS-Propaganda wesentliche Prinzipien der Genossenschaften als „historisch überlebt“ bezeichnet. Doch auch wenn die Genossenschaften kaum in das wirtschaftspolitische Ordnungskonzept der Nationalsozialisten passten, war ihre wirtschaftliche Bedeutung insgesamt inzwischen zu groß, als dass man sie einfach hätte auflösen können (mal abgesehen von den Konsumgenossenschaften). Stattdessen wurde das Genossenschaftswesen – nach erfolgter Gleichschaltung – zu einer „urdeutschen“ Idee erklärt und Genossenschaftspioniere wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen zu Vordenkern der nationalsozialistischen Bewegung gemacht.

Genossenschaften im 1. Weltkrieg

Am 28. Juni 1914 wurden in Sarajevo der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Ehefrau von serbischen Nationalisten ermordet – und damit die Zündschnur an das „Pulverfass Europa“ gelegt. Das deutsch-französische Wettrüsten, die Flottenrivalität mit Großbritannien, die offensive Balkanpolitik Russlands, das übersteigerte Vertrauen in die eigene militärische Überlegenheit sowie die enge Verknüpfung des Deutschen Reiches mit Österreich – unterstützt durch den Hunger nach globaler Geltung und nationalem Stolz – gipfelten in der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, dem Ersten Weltkrieg.

Aufschwung der Genossenschaften (1890-1913)

In den Jahren nach der Revision des Genossenschaftsgesetzes erfuhr die deutsche Genossenschaftsbewegung einen deutlichen Auftrieb. Insgesamt stieg die Zahl der Selbsthilfevereinigungen von gut 5.000 im Jahr 1889 bis auf 48.000 zum 1. Juni 1922. Diese gewaltige Zahl bestand zu drei Vierteln aus landwirtschaftlichen Genossenschaften, innerhalb derer wiederum die 19.269 Ländlichen Spar- und Darlehnskassen dominierten.