Kleinere, nur regional tätige Bankeinrichtungen zur finanziellen Unterstützung der Bauern sowie der kleinen Handwerker und Gewerbetreibenden gab es bereits vor der Entwicklung der modernen Bankgenossenschaften. Viele von ihnen scheiterten an gesellschaftlichen Umbrüchen oder Wirtschaftskrisen. Einige wenige jedoch entwickelten sich beständig weiter, meist zu Sparkassen oder Kreditgenossenschaften. Zu ihnen zählt auch die Privat-Sparkasse Lerbach, die heute als Genossenschaftsbank mit den ältesten Wurzeln gilt.
Bereits im späten 18. Jahrhundert waren die ersten sogenannten Privat-Sparkassen entstanden. Sie wurden meist auf Initiative von Landesherren oder wohltätigen Privatleuten gegründet und sollten den ärmeren Bevölkerungsschichten eine längerfristige und verzinsliche Bildung von finanziellen Rücklagen ermöglichen. Im ländlichen Bereich existierten zudem verschiedene Formen von Viehleihkassen sowie auch schon landwirtschaftliche Vorschussvereine zur Unterstützung armer Landwirte.
Im städtischen Bereich entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts spezielle kaufmännische Banken sowie zahlreiche Handwerkerkassen. In den 1840er Jahren verbreiteten sich in vielen Städten unter den Arbeitern sogenannte Zwecksparvereine (Liedkesche Vereine), mittels derer die Arbeiter durch regelmäßige Beiträge Kapital für die Wintereinkäufe (insbesondere Lebensmittel, Holz und Kohle) sparten.
„Privat-Sparkasse“ Lerbach/Oberharz
Die meisten dieser Gründungen bestanden allerdings nicht lange. Sie scheiterten unter anderem an ihrem oftmals stark ausgeprägten Wohltätigkeitscharakter, einer ungenügenden Kreditkontrolle oder einem zu geringen Eigenkapital. Einige Kassen waren auch lediglich für einen begrenzten Zeitraum ins Leben gerufen worden. Nur einer kleinen Zahl dieser Vorgänger gelang es, sich weiter zu entwickeln, wobei sie sich in späteren Jahren häufig in eine Genossenschaft umwandelten.
Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die „Privat-Sparkasse“ Lerbach/Oberharz. Sie ging 1820 aus der Gnadenkasse zu Lerbach hervor. Diese war bereits 1770 zur Unterstützung kranker oder arbeitsunfähiger Bergleute bzw. ihrer Hinterbliebenen gegründet worden. Im Jahr 1900 nahm die Privat-Sparkasse die Rechtsform der Genossenschaft an und gilt damit heute allgemein als Bankgenossenschaft mit der ältesten Geschichte. 1987 ging die Kasse – die erst seit 1982 den Zusatz „Volksbank“ im Firmennamen führte – in der Raiffeisenbank Westharz auf. Heute ist sie Teil der Volksbank im Harz eG.
[siehe hierzu auch: 190 Jahre Tradition in Lerbach (Genossenschaftschaftsverband, .pdf-Datei)]
Ebenfalls um 1900 offiziell in eine Genossenschaft umgewandelt wurde die 1843 gegründete Öhringer Privatspar- und Leihkasse. Sie wird heute als Volksbank Hohenlohe eG als älteste noch selbstständig existierende Volksbank anerkannt.
Neue Impulse durch Schulze-Delitzsch und Raiffeisen
Mitte des 19. Jahrhunderts suchten dann unabhängig voneinander Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818-1888) und Hermann Schulze-Delitzsch (1808-1883) nach Möglichkeiten, um die Situation der verarmten Landbevölkerung als auch des bedrängten städtischen Mittelstandes zu verbessern. Einen Ausweg sahen die beiden Gründerväter des deutschen Genossenschaftswesens in regionalen Zusammenschlüssen (Associationen) von Bauern bzw. von kleinen Handwerkern und Gewerbetreibenden unter dem Prinzip der Selbsthilfe.